GPf Gangverteilung



Gangpferde Lehrmittel


Gangverteilung


Das Gangpferd zeigt freilaufend auf der Weide oder dem Reitplatz seine natürliche Gangverteilung. In freier Bewegung kann die vorhandene oder bevorzugte Gangveranlagung beobachtet werden. Vor allem der Galopp verdeutlicht die Gangverteilung am besten!


Talentsuche

Entsprechend der Rasse und der Abstammung ist das zukünftige Gangpotenzial schon zu einem gewissen Punkt bestimmt. Um bei Jungpferd Viertakt- oder Lateralveranlagung zu sehen, beobachten wir es beim Freilaufenlassen.

Je nach Rasse und Verwendungszweck sind unterschiedliche Gangvarianten mit rassetypischen Bewegungen und Tempi erwünscht. Zeigt das Pferd ohne Zutun des Menschen Lateral- oder Diagonalverschiebungen zum Viertakt oder sogar isochronen Viertaktgang über grössere Strecken, steht dem zukünftigen Gangreitvergnügen fast nichts mehr im Weg.

Damit sich ein Gangpferd in der Bewegung, mit oder ohne Reiter, im Gleichgewicht der Gänge halten kann, benötigt es in jedem Gangbereich bestimmte genetische Voraussetzungen. Entsprechende Gebäudeformen, unterschiedliche Charaktere und Energieen unterstützen dazu die Gangverteilung positiv oder negativ.

Speziell die Gangartenvielfalt des Isländers ist einmalig unter allen Gangpferderassen.


! Tölt / Viertaktgangart kann auch als die Mitte der Gangarten bezeichnet werden !


1. Bedeutung der Begriffe


Um die Gangverteilung besser zu verstehen ist es wichtig, sich mit der Bewegungslehre auseinanderzusetzen.


Bewegungslehre

Die Bewegungen jedes einzelnen Beines wird in verschiedene einzelne Phasen eingeteilt.

  • Stützen
  • Stemmen
  • Abfussen
  • Schwingen
  • Auffussen


Gangart

Eine Bewegung die das Pferd ausführt, um sich fortzubewegen. Diese unterscheidet sich beim Gangpferd zu dreigängigen Pferden:

  • Schritt
  • Trab
  • Galopp
  • Tölt
  • Pass / Rennpass


Takt

Das Gleichmass aller Schritte, Tritte und Sprünge. Der isochrone gleichmässige Rhythmus einer Bewegung. Taktklar kann auch z.B. Passtölt sein!


Fussfolge

Die Fussfolge beschreibt den Ablauf der Reihenfolge des Auffussens der Hufe.


Phasenfolge

Die Phasenfolge beschreibt den Ablauf und die Stützen der Bewegung.


Diagramm

Das Diagramm zeigt den zeitlichen Ablauf und die Länge der auf dem Boden be-findlichen Hufe von Stützen und der Abfolge.


Gang

Gang ist die natürliche Veranlagung des Pferdes, mit ausdrucksvollen Bewegungen zu gehen. Dies kann auch im gespannten Zustand gezeigt werden.


Gangmass

Die Möglichkeit des Pferdes sich zu bewegen. Das Gangmass setzt sich aus Raum-griff, Hinterhandaktivität, Schwung und Energie zusammen.

Das Gangmass ist grundsätzlich von Exterieur, Interieur, Temperament und Ausbildung abhängig.


Gangvermögen

Entscheidet über Qualität der Gangarten und beschreibt Gangsicherheit, also Bewegungsweite, Bewegungshöhe und Gangsicherheit mit Tempovarianz.


Aktion

Die Bewegungsenergie und Bewegungshöhe insbesondere die der Vorhand.


Raumgriff

Die Gangweite der Bewegung, die Strecke die die Beine vom Abfussen bis zum Auffussen zurücklegen.

  • Freizeitpferd                    Wenig Aktion und Raumgriff
  • Sportpferd                       Viel Aktion und viel Raumgriff mit grosse Tempovarianz


Tempi

Unter Tempi versteht man die verschiedenen Geschwindigkeiten der einzelnen Gangarten.

Antriebskraft Hinterhand


Schubkraft                                                      Gelaufen / Laufen

  • Hinterhand schiebt vorwärts                         - Trägt sich nicht, schiebt auf Vorhand
  • Treibt das Pferd vorwärts                              - Läuf nach hinten heraus


Tragkraft                                                        Gesprungen / Springen

  • Hinterhand übernimmt Pferdegewicht            - Erlangt gesprungene Bewegungen
  • Tritt unter und trägt Pferdekörper vorwärts    - Hinterhand übernimmt

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2. Charakter


Mit „Charakter“ des Islandpferdes ist die Leistungsbereitschaft unter dem Sattel und der Wille zum Gefallen gemeint. Temperament, Sensibilität und Wille ergeben den speziellen Charakter eines guten „Gaedingars“. Der Charakter ist von verschiedenen Umständen abhängig.


Genotyp Vererbung

  • Vererbung
  • Bewegungssteuerung für Gangarten im Erbgut, dem DMRT3 Gen


Phänotyp Umwelteinflüsse

  • Verhalten der Mutter
  • Aufzucht
  • Umgang
  • Behandlung
  • Ausbildung


Ausdrücke für Charaktereigenschaften

 +       respektvoll                   - desinteressiert

 +       umgänglich                  - träge

 +       zurückhaltend               - unaufmerksam

 +       distanziert                    - frech

 +       wach und aufmerksam   - nervös

 +       unauffällig                     - widersetzlich

 +       kooperativ                     - respektlos

 +       freundlich                      - distanzlos

 +       willig                             - aufdringlich

 +       regulierbar                     - stur

 +       sensibel                         - hart



3. Energie

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Das Zusammenspiel von Gehwille und Reaktion des Pferdes nennt man Energie. Während der Ausbildung kann die Energie verbessert oder kanalisiert werden. Wenn aber nur wenig Energie vorhanden ist, kann man diese nicht wirklich herausreiten!


Energiefaktor

Der gewünschte Energiefaktor ist abhängig vom Verwendungszweck des Pferdes.

  • HPR
  • Familienpferd
  • Freizeitpferd für Einsteiger
  • Schulpferd
  • Freizeitpferd für anspruchsvolle Reiter
  • Sportpferd für Sport C / B / A
  • Zuchtpferd

Die Art der Energie entscheidet über Rittigkeit und Gangvermögen.


Positive Energie                              Negative Energie

- Ruhige Energie                               - Festgehaltene Energie

- Gespannte Energie                          - Verspannte Energie

- Gelöste Energie                              - Verkrampfte Energie

- Fliessende Energie                          - Sture Energie     

- Geschmeidige Energie                     - Steife Energie

- Sensible Energie                             - Lasche Energie

- Spritzige Energie                            - Harte Energie

- Schnell verfügbare Energie              - Hektische Energie

- Konstante Energie                          - Zähe Energie

Die Qualität des Pferdes wird durch die Gangverteilung, das Gangvermögen, Charakter und Energie bestimmt.



4. Gänge und Gebäude


Das Exterieur entspricht der Gangverteilung und kann nicht mit dem Gebäude vom Grosspferd verglichen werden. Der Motor ist immer die Hinterhand.


Genick und Lende

  • Ist „Gegenpol“ und auch etwas von Charakter und Energie abhängig
  • Die Energie muss zwischen Lende und Genick über den Rücken durchgelassen werden und soll über Hals und Genick abgefangen und ausbalanciert werdenen


Form, Länge und Ansatz des Halses

  • 4-Gänger eher lang, geschwungen, muss in Balance gehalten und gymnastiziert werden
  • Passer eher kurz, tief, weniger Aufrichtung


Lage des Widerristes

  • 4-Gänger weit hinten, gute Bewegung, gutes Sitzgefühl, meist lange schräge Schulter, raumgreifende weite Bewegungen
  • Passer eher weit vorne, kurze Bewegungen, schlechtes Sitzgefühl, meist steile Schulter


Form und Länge der Schulter

  • 4-Gänger eher lang, schräg, eher raumgreifende, hohe Gänge
  • Passer eher kurz, steil, eher kurze, flache Gänge


Form und Länge des Rückens

  • 4-Gänger eher langer, geschwungener Rücken, elastische Lende
  • 5-Gänger eher gerader Rücken, gestreckte, feste Lende


Form und Länge der Kruppe

  • Runde Kruppen sind unerwünscht
  • Steile Kruppen hat ggf. nichts mit Winklung der Hinterhand zu tun


Gliedmassenstellung

  • ​​​​​​​Wenn gesundheitlich nicht störend kein Problem
  • Von Seite, Statik und Zusammenspiel von Vor- und Hinterhand in 3 Linien (Gangverteilung nach Podlech DE)



4.1 Gebäude und Gangtendenz (nach Friðjolfur Thorkelsson IS)


Messungen am lebenden Pferd sind nicht genau, da sich das Pferde immer einwenig spannt, abspannt oder bewegt und sich so die Winkelung verändert.

Mit Fotos oder Röntgenbildern können genauere Aufnahmen gemacht werden. Punkte können markiert werden.

  • Genaue Messungen liefern dem Züchter Informationen
  • Kruppenschräge und Passveranlagung sind nicht immer zusammenhängend, da Kreuzbeinschräge (Hüftbeinschräge) und Beckenschräge nicht immer übereinstimmen


Messweise

Die Messpunkte werden mit Klebemarken an folgende Stellen fixiert:

  1. Hüfthöcker                                    P1
  2. Ganghöcker                                   P2
  3. Kniegelenk                                    P3     5cm unter der Oberkante der Kniescheibe


Messen der Hüftbeinschräge (Beckenschräge)

  • Ansetzen des Winkelmessers bei      P1
  • Gradanzeiger auf                            P2
  • Wasserwaage auf der Höhe              P2


Messung des Winkels zwischen Hüft- und Oberschenkelknochen

  • Ansetzen des Winkelmessers auf       P2
  • Ein Schenkel über dem O-Punkt des Winkelmessers auf P1
  • Der andere Schekel auf                     P3


Messung der Kreuzbeinschräge

  • Ist häufig nicht genau zu messen, weil Kruppen oft stark gewölbt sind
  • Messpunkte: Kreuzbeinansatz am Becken-, Schweifansatz
  • Vorsicht bei Lateralveranlagungs Interpretierung


Grundregel:

Pferde mit starker Passveranlagung (Passer):

  • Starke Hüftbeinschrägung                   40 - 50 °
  • Grosser, offener Winkel                      100 - 111 °


Pferde mit starker 5 Gangveranlagung (Rennpass):  

  • Mittlere Hüftbeinschrägung                  35 -  40 °
  • Mittlerer Winkel                                 100 - 105 °


Pferde mit wenig Töltveranlagung (Traber mit wenig Tölt):

  • Wenig Hüftbeinschrägung                    29 -  35 °
  • Kleiner Winkel                                    86 -  94 °


Pferde mit 3 Gängen (kein Tölt):

  • Flache Hüftbeinschrägung                    20 -  29 °
  • Kleiner, geschlossener Winkel               80 -  86 °


Folgende Informationen können noch hinzugezogen werden:

  • Die bevorzugte Gangart des Pferdes auf der Weide
  • Bevorzugte Gangart in Losgelassenheit
  • Bevorzugte Gangart unter Spannung
  • Gangverteilung im ersten Trainingsjahr
  • Die Gänge des zugerittenen Pferdes



4.2 Gebäude und Gangtendenz (nach Bruno Podlech DE)


Statik

  1.   =  Lot Vorhand (zwischen Bug und Ellenbogen) >Mitte Fessel
  2.   =  Lot Hüfthöcker >Boden
  3.   =  Lot Hinterhand (zwischen Hüfthöcker + oberer Umdreher) >Mitte Fessel


Statik Linie 1 + 2 + 3 Bodenweit auseinander

  • Traber mit durchgebrochenem Rücken
  • Keine Schub- und Tragkraft


Statik Linien 1 + 2 + 3 paralell im Lot, eher

  • Guter Viergänger
  • Modernes Warmblut
  • Tragkraft gut möglich


Statik Linien 1 + 2 paralell im Lot, 3 nach Hinten eher

  • Fünfgänger
  • Weniger Tragkraft


Statik Linien 1 + 2 + 3 nach Hinten

  • Auf der Vorhand
  • Keine Tragkraft
  • Nur Schubkraft


    A  =  Buggelenk

    B  =  Ellenbogen

    C  =  Hüfthöcker

    D  =  Oberer Umdreher / Gangbeinhöcker



5. Gangverteilung mit Gangarten und Gebäude


Unterschiedliche Energien unterstützen die Gangverteilung positiv oder negativ.



5.1 Dreigänger


Dreigänger zeigen nur Schritt, Trab und Galopp. Tölt und Pass ist nicht vorhanden und auch nicht erlernbar. Meist kurzer, rundrippiger, leicht überbauter, steil gefesselter Typ. Der isländische Dreigänger ist nicht mit den dreigängigen Pferde- oder Ponyrassen vergleichbar.


5.1.1 Gangarten

Festgehaltene Energie

  • Festgehaltene Energie in allen Gängen
  • Kein Schwung, fester Rücken
  • Kurze Bewegungen, kein Tempo


Schritt

  • Kurz und hart
  • Niedrige Tempogrenze, trabt früh an, neigt zum Zackeln, träbele


Trab

  • Kurze, harte Bewegungen, sicherer Takt
  • Rücken ist festgehalten und schwingt nicht
  • Kein deutlicher Sprung, Hinterhand übernimmt wenig Gewicht, hat keine Tragkraft
  • Relativ niedrige Tempogrenze, galoppiert früh an
  • Wenig Tempovarianten in der Gangart


Galopp

  • Kurze, harte, abgehackte Bewegungen, wenig Tragkraft
  • Wenig Aufrichtung und läuft in den Boden, Hasengalopp


Tölt

  • Nicht vorhanden und fast nicht erlernbar
  • Wenn Tölt, dann nur sehr mühsam, wie jede andere Dreigangrasse auch


Pass

  • Nicht vorhanden


5.1.2 Gebäude:

Gleichgwicht / Statik Linie 1 + 2 + 3 nah zusammen

  • Vor- und Nachhand nah beieinander
  • Traber ohne Lateralveranlagung, wenig Schub- und Tragkraft
  • Fester Rücken, kurze feste Lende, kurze, eher festgehaltene Gänge
  • Widerrist weit vorne und Rücken kurz, Reiter belastet die Vorhand
  • Entwickelt nur Schubkraft, Reiter hat Mühe Hinterhand unterzusetzen
  • Tragkraft kann nicht entfaltet werden, Rücken ist fest
  • Hemmt raumgreifende, schwingende Bewegungen
  • Wenig bis keine Sprungkraft, wenig Flugphase im Trab und Galopp


Hals

  • Eher kurz, eher gerade
  • Tiefer Halsansatz, eher geringe Aufrichtung


Rücken

  • Widerrist liegt weit vorne am Hals, kommt nicht sehr weit in die Sattellage
  • Kurzer, eher gerader Rücken, Quadratpferd
  • Kurze steile Schulter = kurze Bewegungen


Gliedmasse

  • Kurze feste Fesseln
  • Vor- und Hinterhand eher nah


Lende

  • Lendenpartie fest und kurz


Kruppe

  • Kruppe oft relativ gerade
  • Oft hoher Schweifansatz


5.1.3 Verwendung

  • Verwendungszweck nach Charakter und Temperament suchen
  • Einsteigerpferd
  • Kinderpferd
  • Schulpferd
  • Longenpferd
  • Distanzpferd
  • HPR Pferd
  • Kutschpferd



5.2 Durchgebrochener Traber


Er beherrscht nur die Gangarten Schritt, Trab Galopp, kann aber im Gegensatz zum reinen Dreigänger den Tölt erlernen. Pass ist nicht vorhanden. Der Tölt muss mit viel aufwändiger Gymnastikarbeit herausgearbeitet und erhalten werden. Diese Pferde können, wenn sie gut ausgebildet wurden, im Alter über mehr Tölt verfügen.

Die normalerweise geschwungene Linie durch Genick, Hals, Rücken und Kruppe ist im Bereich von Genick, Hals und Rücken gebrochen.


5.2.1 Gangarten

Festgehaltene Energie

  • Festgehaltene Energie erkennt man in allen Gängen
  • Kein Schwung, fester Rücken
  • Gangwechsel veranlasst Rücken wegzudrücken, festzuhalten


Schritt

  • Meist mit Taktunklarheiten, Zackeln, Träbele
  • Passig mit hohem durchgedrückten Hals und viel Spannung
  • Schwierig Schritt sauber herauszureiten


Trab

  • Eher schnelle und kurze Fussfolge
  • Bleibt bis ins hohe Tempo taktklar im Trab
  • Trab ist eher gelaufen
  • Rücken weggedrückt


Galopp

  • Kurz
  • Ohne Ausbildung benötigt das Pferd zum angaloppieren ein hohes Tempo
  • Neigt dazu aus dem Galopp in einen schnellen Trab zu fallen


Tölt

  • Sehr schwer einzutölten
  • Mitarbeit der Hinterhand schwierig, steht hinten raus und schiebt nur
  • Im Tölt wird der Rücken weggedrückt, Hals zum Unterhals herausgedrückt
  • Oft schnelle Tölter, fällt ihnen leichter im Tempo
  • Rennt vor Reiter und der Einwirkung weg
  • Langsames Tempo mit viel Arbeit und Konzentration möglich


Pass 

  • Nicht vorhanden



5.2.2 Gebäude:

Gleichgewicht / Statik Linie 1 + 2 + 3 Bodenweit auseinander

  • Bei herausgestellter Vor- und Hinterhand sitzt der Reiter in der Mitte des Rückens
  • Traber mit durchgebrochenem Rücken, Hinterhand kann so keine Schub- und keine Tragkraft entwickeln
  • Neigt in den Gängen zum wegrennen, fliehen, rennt den Schwerpunkt nach
  • Lässt sich schlecht im Tempo regulieren
  • Kopf hoch und Rücken runter


Hals

  • Eher lang und meist ziemlich hoch angesetzt
  • Oft ausgeprägte Unterhalsmuskulatur, tendenz zum Hirschhals


Rücken

  • Eher lang, im Stand schon leicht durchgedrückt
  • Lange, weiche Lende, oft schmerzempfindlich, KissingSpines
  • Reagiert auf Druck mit Durchdrücken des Rückens


Kruppe       

  • Meist stark abgeschlagen und eher lang


Hinterhand

  • Nach hinten rausgestellt
  • Kann keine Tragkraft entwickeln


Vorhand

  • Nach vorne rausgestellt



5.2.3 Verwendung

  • Geeignet für lange Distanzen
  • Trab ermüdet sie wenig
  • Oft auffallende Gänge wegen rasantem Tölt, aber zu mühsam



5.3 Viergänger


Beherrscht Schritt, Trab, Galopp von Natur aus und kann Tölt erlernen. Pass ist nicht vorhanden, kann aber durch Verspannung auch passig werden. Der Viergänger liegt zwischen dem durchgebrochenen Traber und dem Naturtölter.

Mit mehr natürlichem Tölt verändert sich die Gangcharakteristik und das Gebäude in Richtung Naturtölter. Er verfügt meist über ausgeprägte, natürliche Tragkraft mit bestmögichen Grundgangarten.

Nähert sich meist dem Idealpferd der gängigen Pferdebeurteilung und zeigt sich als Harmonisches Pferd mit langen Linien.


5.3.1 Gangarten

Festgehaltene bis Fliessende Energie

Mit zunehmender Töltveranlagung verschiebt sich die Energie von gehalten bis fliessend.

  • In Richtung 3-Gänger gehalten, in Richtung Tölter fliessend
  • Art der Energie entscheidet oft über die Qualität und Ausbaufähigkeit
  • Lasches Temperament ist schwieriger einzutölten als mit gutem Vorwärtsdrang
  • Möglichkeit schwungvollen und gesprungen zu gehen


Schritt

  • Guter Schritt, taktklar, Raumgreifend
  • Oft schreitend und ausdrucksvoll bei lockerem Rücken und Hals


Trab

  • Innerhalb der Viergänger grosse Unterschiede
  • Im Idealfall schwungvoll, weit und taktsicher
  • Pferd ist gelöst und verfügt über eine gute natürliche Tragkraft
  • In allen Tempi raumgreifend und gesprungen


Galopp

  • Sehr taktsicher und in allen Tempi möglich
  • Keine Probleme beim Angaloppieren
  • Mühelos gesprungener Dreitakt mit viel Schwung und Sprungkraft
  • Hinterhand springt gut unter den Schwerpunkt des Pferdes


Tölt   

  • Tölt muss bei allen Viergängern erlernt werden
  • Viergänger nahe dem durchgebrochenen Traber = Langsamer Tölt schwierig
  • Viergänger nahe Naturtölter = Mehr natürlicher Tölt
  • Im positiven Bereich Tölt sehr taktklar in allen Tempi, akzentuiert und ausdrucksvoll
  • Show Tölter mit hoher Aktion bei ausdrucksvoller Aufrichtung = wie Saddler
  • Auf der Weide wird immer der Trab bebevorzugt
  • Bei grosser Aufregung oder Stress kurzzeitig auch Tölt möglich
  • Viergänger mit viel Tölt und viel Gehwillen bevorzugen oft den Tölt unter dem Sattel


Pass 

  • Kein Rennpass
  • Pass nur bei Verspannung



5.3.2 Gebäude

Gleichgewicht / Statik Linien 1 + 2 + 3 eher paralell im Lot

  • Vorhand und Hinterhand stehen parallel und senkrecht zum Boden = Tragkraft
  • Harmonisch im Gleichgewicht stehend und gehend
  • Guter Viergänger, einem modernen Warmblut ähnlich
  • Ausgeprägte natürliche Tragkraft gut möglich
  • Gänge gesprungen und schwungvoll aus der Hinterhand möglich


Hals  

  • Lang und gut geformt
  • Gut angesetzt, verjüngt sich zum Genick hin
  • Selbsttragende Aufrichtung
  • Widerrist ist lang und läuft weit in den Rücken


Schulter

  • Lang, schräg


Rücken + Lende   

  • Harmonisch geschwungener Rücken, passende Länge
  • Harmonische Lende
  • Lange schräge Kruppe



5.3.3 Verwendung

  • Sehr vielseitig einsetzbar
  • Einsteigerpferd fürs Gangreiten, Distanzreiten
  • Schulpferd, für Dressurfan, Springen
  • Freizeit- Familienpferd geeignet für RA I+II
  • Für Viergang, Tölt
  • Krönung der Reiterei fehlt: Rennpass




5.4 Naturtölter


Der Tölt wird beim Naturtölter ohne spezielles Training beherrscht und dem Trab oder Pass vorgezogen. Dazu hat er eine stärkere Grundspannung, die den Tölt unterstützt.

Naturtölter mit Trab bildet den Übergang vom Viergänger zum Naturtölter. Naturtölter mit Pass sind keine Fünfgänger, sondern bilden den Übergang dazu.



5.4.1 Gänge

Energie

  • Fliessende (mit Trab) bis gespannte (mit Pass) Energie
  • Ihm fehlt die notige Spannung für Sprung- oder Flugphase im Trab, Galopp, Pass
  • Alles verschiebt sich zum flissenden Tölt


Schritt

  • Beim klaren Naturtölter ist der Schritt gelöst und taktklar
  • Naturtölter mit Pass ist Schritt evt. passig aber meist korrigierbar


Trab  

  • Reiner Naturtölter und Naturtölter mit Pass gehen meist kein Trab
  • Naturtölter mit Trab geht meist einen taktklaren aber immer gelaufenen Trab
  • In Wendungen und unebenem Boden fällt der Naturtölter mit Trab in den Tölt


Galopp

  • Galopp ist gelaufen
  • Sprungphase verliert sich, Galopp wird viertaktig
  • Bewegungen meist flach, Schwierigkeiten in den Ecken
  • Je näher das Pferd in der Skala zum Pass kommt, desto schlechter der Galopp


Tölt

  • Viel gelöste Energie
  • Absolut losgelassen und taktklar
  • Je näher das Pferd in der Skala zum Pass kommt, desto mehr Passverschiebung
  • Weniger spektakulär als beim Vier- oder Fünfgänger
  • Meist in allen Tempi leicht und taktklar
  • Naturtölter mit Trab oft gute 1.1 Pferde



5.4.2 Gebäude

Gleichgewicht / Statik Linien 1 + 2 + 3 fast paralell, Hinterhand etwas nach hinten

  • Gelöstes Pferd
  • Vor- und Hinterhand in ausgewogenem statischem Verhältnis
  • Hinterhand entwickelt wenig bis keine Sprungkraft
  • Hinterhand noch tragend, doch je mehr zum Pass, desto mehr Schubkraft
  • Gänge sind gelaufen
  • Reiter sitzt noch im Schwerpunkt des Pferdes
  • Langer Widerrist und Reiter sitzt in Mitte


Hals

  • Eher gerade und mässig lang
  • Oft etwas tiefer angesetzt als beim Viergänger
  • Mässige natürliche Aufrichtung


Widerrist

  • Weniger ausgeprägt, geht aber weit in Rücken hinein, setzt Reiter an richtige Stelle


Rücken

  • Mässig geschwungen
  • Lendenpartie etwas fester
  • Mehr Pass geraderer Rücken und fester die Lende



5.4.3 Verwendung

  • Naturtölter mit Trab ist ein ideales Freizeitpferd zum entspannen
  • Naturtölter mit Pass kann lateral werden
  • Evt. mit Beschlag korrigierbar
  • Anspruchsloses Freizeitreiten
  • Freizeit- und Jugendklasse
  • Als Sportklasspferd meist nur für T1 geeignet



5.5 Fünfgänger


Der Fünfgänger beherrscht alle dem Islandpferd eigenen Gangarten. Der echte Fünfgänger hat einen schnellen, kraftvollen Pass mit Flugphase.

Ein guter Fünfgänger hat fünf klar getrennte Gänge. Als negativ wird gesehen, wenn ein Fünfgänger in den lateralen Gangarten nah am Pass läuft.


5.5.1 Gangarten

Fliessende bis gespannte Energie

  • Fliessende Energie, die eine Spannung ermöglicht
  • Im negativen Bereich ist die Energie gehalten bis verspannt
  • Für den Tölt: lockere, fliessende Energie nötig
  • Für guten Trab und Pass: Spannung nötig


Schritt

  • Im positiven Bereich sehr gut, raumgreifend, gelöst, taktklar
  • z.T. extrem guter Schritt (nicht mit Klassischem Schritt zu vergleichen)
  • Passtendenzen bei Aufregung, Ungünstigem Boden, Müdigkeit, zu hohem Tempo
  • Gutbereich meist im mittleren Tempo


Trab

  • Meist relativ taktklar, mehr gelaufen als bei Viergänger
  • Trotz Raumriff, hohe weite Bewegungen möglich
  • Hinterhand wenig Tragkraft, schiebt eher
  • Trab ist "runder" als beim Viergänger, runde, gleichmässige Mechanik
  • Im negativen Bereich ist Trab kurz, flach, mit Taktfehler und Trabunsicher


Galopp

  • Sehr unterschiedlich
  • Je mehr Pass, desto schlechter der Galopp, flach und gelaufen
  • Im positiven Bereich: hohe weite Bewegung
  • Gut springende Hinterhand
  • Im negativen Bereich: hohes Tempo nötig,
  • Schwierigkeiten in den Ecken
  • Viertakt mit Tendenz zum Pass, da Hinterhand läuft


Tölt   

  • Viel, meist taktklarer Tölt, im negativen Bereich mit Passtendenzen
  • Am besten im mittleren Tempo, leicht bergab, über längere Strecken
  • Weniger spektakulär und akzentuiert als der Viergänger, dafür locker und flüssig
  • Durch Tölttraining kann auch der Trab verbessert werden
  • Durch Rennpass kann Tölt verbessert werden


Pass 

  • Sehr unterschiedlich in Tempo, Sicherheit und Antritt



5.5.2 Gebäude

Gleichgewicht / Statik Linien 1 + 2 paralell im Lot, 3 eher nach Hinten

  • Hinterhand etwas herausgestellt, Vorhand aber eher gerade
  • Wegen herausgestellten Hinterhand, viel Schubkraft und wenig Tragkraft
  • Im negativen Bereich überwiegt die Schubkraft mehr, kommt auf Vorhand


Hals  

  • Mittlere Länge
  • Im Idealfall gut angesetzt, geschwungen und gut aufgerichtet


Schulter

  • Eher steil, aber lang
  • Aus der langen Schulter kommen die weiten, runden Bewegungen


Rücken

  • Mittlere Länge
  • Lende gestreckt, manchmal etwas fest
  • Widerrist liegt weiter vorne als beim Viergänger



5.5.3 Verwendung

  • Je nach Veranlagung
  • Je nach Temperament
  • Freizeitpferd mit viel Tölt
  • Braucht Reiter im Gleichgewicht



5.6 Rennpasser


Winkelungen, Form und Flexibilität der Lende und der Hinterhand machen die Lateralgangarten aus. Meist mit mässigen Grundgangarten, aber einen hervorragenden Rennpass. Es gibt viele Rekordhalter mit dieser Gangverteilung.

Passpferde nicht mit Fünfgängern verwechseln!



5.6.1 Gangarten

Gespannte Energie

  • Gespannt


Schritt

  • Kurz und gespannt
  • Neigt bei Nervosität oder ungünstigen Bodenverhältnissen zum Pass
  • Rückenmuskulatur gespannt und festgehalten


Trab  

  • Oft taktklar, aber mit Fehlern
  • Meist nicht gefestigt
  • Fällt leicht in Tölt oder Pass
  • Kurz, flach, immer gelaufen
  • Keine hohe Trabgeschwindigkeit
  • Nur Schubkraft, keine Tragkraft mehr


Galopp

  • Schlechteste Gangart des Rennpassers
  • Stark gelaufen, tendiert oft zum Pass
  • Ist sehr festgehalten, kommt nicht um die Ecke im Viereck
  • Braucht hohes Tempo zum Galoppieren
  • Falls viel Temperament, Sensibilität, Gefahr von Kreuzgalopp


Tölt

  • Flach, wenig Aktion, wenig Raumgriff
  • Takt ist schwankend, je nach Anspannung
  • Vor dem Rennen passig, nachher taktklar​​​​​​​



6. Talentförderung


Die zur Verfügung stehende Gangveranlagung des Pferdes ist bei Gangpferderassen die spannendste reiterliche Herausforderung.

Je nach Rassenstandard und Verwendungszweck ist die Gangverteilung, das Gebäude und auch Reitweise entscheidend für das Gelingen der gewünschten Gangvarianten.

Jetzt ist die Erfahrung des Bereiters massgebend und was er aus dem talentierten Jungpferd letztendlich mit viel Sorgfalt fördert. Der Viertaktgang sollte im Laufe der Ausbildung mit wenig unterstützenden Hilfen zu reiten sein.


Bei jeder Rasse und jedem Verwendungszweck sollte das Pferd seriös aufgebaut werden. Viele Einreit- und Trainingsmethoden sind im Ursprungsland üblich, bei uns in Europa hingegen aus ethischer oder tierschützerischer Seite nicht akzeptabel!

Bei weniger veranlagten Pferden, z.B. zu trabigen / diagonalen oder zu passigen / lateralen Pferden mit wenig Töltveranlagung, ist eine seriöse Grundausbildung im Vorfeld unerlässlich. Erst wenn es die Hilfen kennt, kann es mit gymnastizierenden Übungen auf das spezielle Gangpferde Training vorbereitet werden.

Ist das Pferd nicht wirklich talentiert, sollte man bedenken, dass langwieriges und aufwändiges Arbeiten bei genetisch wenig fixiertem Viertakt-Gen nicht unbedingt tierfreundlich ist!


Das Training sollte individuell und auf das Leistungsvermögen und die Leistungsbereitschaft des Pferdes angepasst werden. Auch die Rasse und der Verwendungszweck sollten berücksichtigt werden!

Die Qualität der Gangpferdezucht, speziell der Islandpferde hat sich innert weniger Generationen enorm verbessert. Mit der modernen Zucht der letzten Jahrzehnte hat sich das Gebäude und die Gangverteilung stark zum positiven verändert!Neuer Text


QUELLENNACHWEISE

  • Hestar-Service Theorieunterlagen - Eve Barmettler
  • Gangverteilung beim Islandpferd - Bruno Podlech + Rosl Rössner
  • Islandpferdereitlehre - Walter Feldmann + Andrea Rostock
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